Der Ernstfall will geübt werden

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Der Ernstfall will geübt werden

Kennen Sie das? Sie haben gerade Ihren Führerschein gemacht und der Fahrlehrer erklärt ein letztes Mal, dass mit dem Erwerb des Führerscheins die Erlaubnis, aber nicht das Können erworben wird; das Können durch praktisches Tun entsteht, worauf hin man sich beim Fahrsicherheitstraining anmeldet, weil man den Anspruch an sich hat, nicht nur fahren zu dürfen, sondern auch zu können?

Wer immer nur präventiv tätig ist, den Notfall nie übt und nicht davon ausgeht, dass er kommen könnte, steht im Fall des Falles oft vor einer herkulischen Herausforderung. Beispiel gefällig?

Üben, üben, üben

Wer glaubt, dass mit der Abnahme der letzten Textzeile eines Notfallhandbuchs die Arbeit bereits getan ist, irrt. Wird ein Notfall-Management etabliert, bedeutet das in der Regel auch, eine Notfall-Organisation mit -Beauftragten, -Krisenstab und weiteren -Teams zu definieren. Diese Notfall-Organisation arbeitet ggfs. in anderen Strukturen als aus dem Organigramm gewohnt, Teams werden neu zusammen gewürfelt. Im Anschluss an die Erstellung des Prozesses, ist es wichtig, diesen mit Leben zu füllen. Außerdem müssen die Teams miteinander trainieren, um auch die Kommunikation zu perfektionieren. Ein Notfall ist kein normaler Arbeitstag, sondern Ausnahmezustand. Ein Zustand, an dem besonders viel Druck auf die Verantwortlichen inkl. den Notfall-Beauftragten wirkt. Routiniertes und strategisches Handeln, die Prozess-Konformität dabei einzuhalten und gleichzeitig dynamisch genug auf die Begebenheiten zu reagieren, ist ein Balance-Akt. Und genau deshalb ist es sinnvoll, den Notfall zu üben.

Gesagt getan. Alle Mann in einen Raum und dann spielen wir Notfall? Nein, besser nicht. Verschiedene Übungen sind angeraten, bevor der große Test-Notfall ausgerufen wird.

technische Prävention und Reaktion testen

Im Zuge der Notfallvorsorge werden technische Präventions- und Reaktionsmaßnahmen definiert. Hier geht es beispielsweise darum, dass die unabhängige Stromversorgung so unabhängig ist, wie sie es laut Notfall-Handbuch zu sein hat. An diesem Beispiel wird klar, dass bei unterschiedlicher Unternehmensgröße sowie auch Branchen bezogen Unterschiede im praktischen Tun entstehen. In einem kleinen bzw. mittleren Unternehmen ist die USV noch etwas überschaubares. Etwas, bei dem man vorne den Stecker ziehen kann, um auf der Rückseite zu sehen, ob die angeschlossenen Verbrauchsgeräte weiterhin Strom beziehen und in definierter Reihenfolge koordiniert so herunterfahren, wie man das geplant hat. Die selbe Situation in einem Krankenhaus mit Notstromaggregat und Diesel-Reservetank gestaltet sich da bereits deutlich aufwändiger. Mit dem Test der technischen Vorsorgemaßnahmen sowie dem Funktionstest der Präventivmaßnahmen wissen wir, ob die Grundlage dessen steht, worauf wir im Notfall bzw. zur Vermeidung desselben zurückgreifen.

Prozesse kontinuierlich verbessern

Steht die Technik, so sollte im nächsten Schritt der Prozess und der Mensch in Einklang gebracht werden. Zu allererst ist die Frage zu stellen, ob der definierte Prozess überhaupt funktioniert. Jemand, der sich nach bestem Wissen und Gewissen hinsetzt und einen Prozess definiert, kann auch mal daneben liegen. Bevor das Notfall-Management deshalb als verabschiedet gilt, ist das gemeinsame Durchdenken von Prozessen sinnvoll. Beispielsweise in Plan-Reviews oder -Besprechungen. In diesen wird der Prozess von Anfang bis Ende durchdacht. Später dann, verschiedene Szenarien angenommen und darauf hin überlegt, wie und was zu tun ist. Die Weiterentwicklung eines solchen Tuns ist das Table Top, in dem spielerisch angenommen wird, dass ein bestimmter Zustand eingetroffen und zu bewältigen ist.

Bis hier hin sind noch vergleichsweise wenige Mitarbeiter im Unternehmen involviert und das ist auch gut so. Wie alles im Leben hat auch die Vorbereitung auf den Notfall einen Reifegrad verdient, der verbessert werden will, BEVOR der ganz große Test kommt. In jedem Szenario, jedem Testlauf ist deshalb Protokoll- und Dokumentations-Disziplin wichtig. Egal wie hoch der Druck ist, ein Lessons Learned am Ende des Tages sorgt dafür, dass sich Mensch und Prozess verbessern können. Immer vorausgesetzt, es gibt nicht nur die Erkenntnis, sondern auch die anschließende Verbesserung. Daher am besten gleich beides einplanen.

Die Kommunikation üben und verbessern

Bei den größeren Übungen kommen mehr Menschen zusammen und somit steht auch das Kommunikationstraining an. Bei der Kommunikation im Notfall muss klar und direkt kommuniziert werden, zumindest intern. Was die Kommunikation nach außen betrifft, sollte ein Mitarbeiter mit Medien-Erfahrung und Feingespür das letzte Wort haben. In den verschiedensten Besprechungsarten wird die interdisziplinäre Zusammenarbeit verbessert und es entsteht ein Team-Gefühl. Die Kommunikationsebene verändert sich in der Regel im Vergleich zu vor den Trainings. Das Miteinander ist eine wichtige Facette, verringert es in jedem Fall den gefühlten Druck, wenn das Team einem echten Notfall entgegen steht.

Gerade in der Außenkommunikation, aber auch intern, ist es ratsam, am Ende der Übungen Textbausteine und Vorlagen zu erarbeiten, die sich für die Krisenkommunikation eignen. Wer wenig Zeit für eine Kommunikation hat, freut sich nicht nur über bereits Vorbereitetes. Es stellt auch sicher, dass der Ton nicht zwangsläufig die Kritikalität der Lage trifft, was nach außen ggfs. nicht gewollt ist. Doch nicht nur mit den Medien will nach außen kommuniziert werden. In größeren Unternehmen ist auch die Kommunikation mit den involvierten Behörden ein relevanter Punkt. Hier gibt es Schnittstellen mit den regelmäßigen Notfallübungen, beispielsweise im Zuge einer Feuerwehrübung. Es ist sinnvoll, diese Übungen gemeinsam zu koordinieren, sodass die Mitarbeiter nicht mehr Notfälle üben, als sinnvoll ist. Außerdem können die verschiedenen Bereiche so miteinander proben.

Wer den Text bis hierhin geschafft hat, stellt fest, dass Üben Aufwand bedeutet. Mal mehr, mal weniger. Umso wichtiger ist, die Notfallübung sorgfältig zu planen. Sie ist ein gutes Instrument, um auch die Mitarbeiter mit in das Notfallmanagement zu integrieren. Das gelingt jedoch nur, wenn die Kommunikation im Vorfeld bereits ausreichend war, die Mitarbeiter sich auf diese Art von Situation einstellen konnten und so die Übung als die Möglichkeit wahr nehmen, das zu Wissende anzuwenden.

Gelingt die Notfallübung ist es ebenso eine interne Awareness-Maßnahme für das Notfall-Management und für den Umgang mit solchen Situationen. Ein Misslingen kann sich negativ auf die interne Stimmung auswirken, was zwingend zu vermeiden ist. Deshalb gilt, nicht nur bei der Kommunikation, sondern für die gesamte Notfallübung: Planung ist alles.

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